Das IHK-Gremium Cham diskutierte gemeinsam mit Vertretern des Technologie Campus über die Einsatzmöglichkeiten von KI sowie die Zusammenarbeit von Wirtschaft und Wissenschaft
17.7.2024 | IHK/Ramona Bayreuther
Welche digitalen Trends treiben die Unternehmen in der Region um und wie können Wirtschaft und Wissenschaft gewinnbringend zusammenarbeiten? Darüber diskutierten die Unternehmerinnen und Unternehmer des IHK-Gremiums in ihrer Sommersitzung. Gremiumsvorsitzender Dr. Alois Plößl begrüßte dazu die Vertreter des Technologie Campus (TC) Cham Prof. Dr.-Ing. Sebastian Grundstein, Prof. Dr. Tim Weber und Prof. Dr. Thomas Geiß. Zu Gast im Mobilitäts- und Sensorzentrum der AVL Software and Functions GmbH in Roding, in dem auch intensiv das Thema autonomes Fahren weiterentwickelt wird, konnten sich die Gremiumsmitglieder von der Innovationsfähigkeit des Unternehmens überzeugen. Standortleiter Dr. Armin Engstle und Achim Przymusinski, Segmentleiter Digitalisierung, stellten unter anderem das Projekt AutBus (Autonomer Bus) vor, eine Zusammenarbeit der OTH Amberg-Weiden und AVL.
Der autonom fahrende Kleinbus, der von einem Sicherheitsfahrer begleitet wird, hat im Juli in Neubäu am See seinen Probebetrieb zwischen dem Bahnhof und der Seepromenade aufgenommen und kann von jedem genutzt werden. Das Ziel solcher Pilotprojekte sei, eine flexible, kostengünstige und klimaneutrale Lösung für mehr Mobilität in ländlichen Regionen zu entwerfen, so Engstle. Künstliche Intelligenz sei dabei entscheidend für die Realisierung dieser Zukunftstechnologie.
KI verfügbar machen
„Das Thema KI treibt Wirtschaft und Wissenschaft gleichermaßen um“, betonte Gremiumsvorsitzender Plößl. „Viele Betriebe, vorwiegend aus der Industrie, haben bereits Erfahrungen gesammelt und erfolgreich Projekte realisiert. In Verbindung mit der Digitalisierung schafft KI die Voraussetzung für neue Geschäftsmodelle – einige wird sie aber auch abschaffen.“ Umso wichtiger sei es, diese Querschnittstechnologie schnell und branchenorientiert für die regionalen Betriebe verfügbar zu machen. „Dazu sind das Know-how, ein offenes Mindset und die gezielte Vernetzung der Unternehmen mit Hochschulen und Forschungseinrichtungen notwendig“, betonte Plößl.
Hier käme der TC Cham ins Spiel. Mit aktuell 570 Studierenden aus 35 Nationen hat sich der Ableger der TH Deggendorf in den vergangenen Jahren zu einem Kompetenzzentrum für digitale Produktion und Robotik entwickelt. Nach Fertigstellung des neuen Hörsaalgebäudes im Herbst sollen es fast doppelt so viele Studierende werden. „Ich bin dankbar, dass wir vor Ort Hochschulen haben, die KI forcieren – in der Lehre wie auch in der Anwendung. Der Campus Cham hat dieses Thema längst in seinen Studiengängen integriert und setzt hier wichtige Akzente“, sagte Plößl.
Duales Studium: Chamer Modell
Welche Themen in Forschung und Lehre künftig auf dem Plan stehen und welche Kooperationsmöglichkeiten sich für regionale Firmen bieten, stellten die Campus-Professoren und KI-Experten Sebastian Grundstein und Tim Weber vor. Der Campus passe seine Studiengänge laufend an aktuelle Entwicklungen an. Neben dem Schwerpunkt Mechatronik werde zum Beispiel das technische Projektmanagement immer wichtiger. Alle Bachelor- und Master-Programme beinhalteten Robotik, Autonome Systeme oder KI. Auf diesen Gebieten wolle man kontinuierlich weiteres Know-how aufbauen. „Unser Campus ist ein dynamisches Umfeld im positiven Sinn“, sagte Weber. Praxisbezug und entsprechende Netzwerke seien dabei essenziell.
Schon in Kürze starte beispielsweise das Chamer Modell, eine neue Form des dualen Studiums, das den Praxisanteil in den Unternehmen deutlich erhöhen soll. Aktuell sind Dual Studierende nur in den Semesterferien im Betrieb – in dieser Zeit muss allerdings auch der Urlaub genommen werden, wodurch sich die Zeit in der Firma immens verkürzt. „Das Chamer Modell sieht vor, dass Studierende pro Woche drei Tage am Campus und zwei Tage im Unternehmen sind. Die Semesterferien sind dafür etwas kürzer“, erklärte Weber. Einziger Wehrmutstropfen: Die Kosten pro Studenten seien etwas höher. Dafür punkte das Modell mit wesentlich mehr Praxiszeit im Betrieb.
Know-how von Studenten nutzen
Die Professoren betonten das hohe internationale Fachkräftepotenzial, das die Studierenden am TC für Firmen vor Ort bieten. Rund 75 Prozent der Absolventinnen und Absolventen bleiben in Deutschland, etwa 20 Prozent in der Region. Prof. Dr. Thomas Geiß, der das Zentrum für Gründungsförderung/StartupCampus an der TH Deggendorf leitet, warb für das Format „Real Projects“ von TH und der Digital Innovation Ostbayern (DInO).
Studierende sollen darüber echte Projekte unter möglichst realen Bedingungen umsetzen. Ideengeber und Mentoren sind Firmen vor Ort. „Wir brauchen Bedarfe aus den Betrieben, die in der Lehre beispielsweise in Abschlussarbeiten wieder verarbeitet werden“, sagte Geiß. Es bringe nichts, „nur im Silo auszubilden“. Durch das Format sei ein vielfältiger Blick auf Fragestellungen von Betrieben möglich, auch im Bereich KI – eine Win-win-Situation sowohl für Studierende als auch für die regionalen Unternehmen.
Bild (IHK/Ramona Bayreuther): Diskutierten über die Zusammenarbeit von Wirtschaft und Wissenschaft in der Region (v.l.): Achim Przymusinski, Segmentleiter Digitalisierung bei AVL, IHK-Geschäftsstellenleiter in Cham Richard Brunner, AVL-Standortleiter in Roding Dr. Armin Engstle, Gremiumsvorsitzender Dr. Alois Plößl sowie die Professoren am TC Cham Prof. Dr. Thomas Geiß, Prof. Dr.-Ing. Sebastian Grundstein und Prof. Dr. Tim Weber.